Würde und geistige Autonomie

Das Bild deutet Autonomie an: das Kreuz am Boden weist in die zehn Richtungen
und die Möglichkeiten in die angemessene Richtung zu gehen.
und die Möglichkeiten in die angemessene Richtung zu gehen.
Als Shakyamuni Erwachen erlangte, sprach er:
„Im Himmel und auf Erden bin ich der Höchste.“
Das ist kein Triumphruf eines Neugeborenen.
Hier spricht die eine Wirklichkeit – grenzenlos, anfangslos, endlos.
Hier spricht die eine Wirklichkeit – grenzenlos, anfangslos, endlos.
Betrachten wir diesen Ausspruch unter dem Aspekt des Handelns,
können wir darin auch die unantastbare Würde jedes Lebewesens hören.
können wir darin auch die unantastbare Würde jedes Lebewesens hören.
Diese Würde ist verwandt mit, aber nicht identisch mit dem,
was wir „Selbstachtung“ nennen.
was wir „Selbstachtung“ nennen.
In diesem Teisho wenden wir uns Würde und Selbstachtung zu
und betreten die weite Landschaft geistiger Autonomie.
Willkommen zu meinem ersten Zazenkai als neuer Zen-Lehrer Seisen. Seisen heisst übersetzt "Ruhiger Fluss". Es ist ein Sinnbild oder bildlicher Vergleich, um auf das Unbenennbare zu deuten. Setzen wir uns ans Bachufer in schlichter Landschaft. Hier bietet sich die Gelegenheit diesen Fluss zu erfahren, zu spüren, gewahr zu werden.
Dieses Zazenkai steht für "Neuanfang". Für mich als Lehrer und für euch als Teilnehmende sind Ort und Praxis neu. Den Rahmen und die bekannten Rituale übernehmen wir aus dem Lassalle-Haus. So werden wir auf Vertrautes treffen und auf Neues. Zuletzt steht unsere Linie, die Glassman-Lassalle-Linie, im Zeichen eines Neuanfangs. Unser Stammhaus in Bad Schönbrunn steht uns vorerst nicht mehr zur Verfügung. Unsere Sangha sucht neue Orte für die Praxis, vielleicht geht damit eine neue Gewohnheit einher, die wir dann schätzen lernen. Die Trennung von Bad Schönbrunn ist vollzogen. Das je Neue, das Frische, das Einmalige sind die Zeichen für ein Leben, das nicht am Erlernten haftet. Schauen wir, was alles neu entsteht.
In diesem Zazenkai sind wir eine kleine Gruppe, typisch für einen Kurs mit einem Neulehrer. Jede Gruppengrösse hat ihre eigene Dynamik und ist besonders. Lassen wir uns auf diese kleine Gruppe und ihren speziellen Charakter unvoreingenommen ein. Zu Beginn meiner Tätigkeit als Lehrer steht die Frage "Wofür stehst du als Zen-Lehrer?". Gerne gehe ich auf diese nicht-gestellte Frage ein - auch ich benötige etwas Orientierung. Nicht zu viel, denn das wäre schon wieder ein neues Konzept, was uns behindern könnte. Und damit formuliere ich eine erste Aussage:
- Lehr-Methoden, also "tue dies oder das", sind eher Hindernisse auf dem Weg. Ein weiteres Konzept, das uns behindern kann. Haben wir erkannt, welche Konzepte, welche Identifikationen und geistigen Anhaftungen unser Leben lenken und leiten, und falls wir einsehen, dass dies nicht förderlich ist, so sollte eine Umkehr und Abkehr möglich sein.
- Damit muss jeder und jede von uns den Weg allein gehen. Und die Wahrheit in sich erfahren.
- Wer die Wahrheit sucht und damit ein Ziel verfolgt, diese zu erfahren, behindert sich selber. Falls es dir gelingt diese Suche, also das Anhaften und Ablehnen aufzugehen, so könnte es gelingen. Die Wahrheit kommt oder auch nicht, in jedem Fall kommt sie aus sich heraus. Mit unseren Gedanken, die stets auf Altem und Erlernten beruhen, kommen wir nicht weiter. Wahrheit benötigt einen stillen, ruhigen und wachen Geist. Hui Neng hat es so gesagt: "Denke den Gedanken, der sich nirgendwo abstützt!"
- Die Selbsterkenntnis und damit das Gewahrsein ohne "Ja" und "Nein-Sagen" zu meinen inneren Muster, Reaktionen und Motiven, ist eine Möglichkeit, Transformation zu ermöglichen. Achtsamkeit und Gewahrsein in allen Situationen, nicht nur auf dem Kissen, sind der Schlüssel dazu.
Aktuelles
Beim Schreiben eines Teisho schaue ich stets auf das Aktuelle – Themen, die gerade wichtig erscheinen. Hierzu gehört heute: unsere Zen-Konferenz auf dem Landguet Ried vom vergangenen Wochenende.
Diese Konferenz sollte ja ursprünglich im Lassalle-Haus stattfinden. Peter Widmer ist es gelungen, einen Ersatzort zu finden: das Landguet Ried, ganz in der Nähe von Bern. Früher war es ein Heim für Kinder; heute gehört es einer tibetischen Gemeinschaft, die hier praktiziert. Es verfügt über vier Zendo in unterschiedlicher Grösse. Das Landguet bietet die Möglichkeit, Räume für Seminare und Kurse zu mieten. Interessant ist ihr Konzept für die Übernachtungen: Neben den üblichen Einzel- und Mehrbettzimmern gibt es auch die Möglichkeit, in Schlafkojen oder mit dem Wohnmobil ganzjährig – oder auf dem Zeltplatz in der wärmeren Zeit – preisgünstig zu übernachten. So können Kurse mit gestaffelten Gesamtkosten angeboten werden.
Bei der Konferenz waren bekannte Zen-Lehrende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich mit Themen der Bewusstheit sowie mit Forschung zu Buddhismus und Digitalisierung beschäftigen – eine bunte Mischung, die gut erkennen liess, wer sich wie engagiert, im Hinblick auf die Frage: «Wie gehen wir mit den immer bedrohlicher werdenden Krisen um?»
Diese Konferenz hat mich auch auf das Thema dieses Teisho aufmerksam gemacht: die Würde des Menschen und die Bedeutung eines «autonomen Geistes» in der heutigen Zeit. Selbstachtung und Autonomie wurden mehrfach genannt, nicht vertieft – und bei mir gab es entsprechende Resonanz.
Alle Referenten und Referentinnen gingen auf die heutigen Herausforderungen ein: die Umweltkrisen und die bedrohliche Lage, in der wir uns befinden. Insgesamt war ein Spannungsfeld zu bemerken: die Spannung zwischen dem Wunsch zu handeln, dem Nichtwissen, wie zu handeln wäre, und der damit einhergehenden Ohnmacht. Thomas Metzinger sprach davon, dass wir die Wahl hätten, in Würde zu scheitern. Christian Dillo betonte, zu prüfen, wo es genug ist, und dass Handeln im Augenblick erfolgt – mit je neuen, frischen Antworten auf die Herausforderungen.
Unsere neue digitale Welt – insbesondere Social Media und künstliche Intelligenz – wurde thematisiert: einerseits im Blick auf Chancen und Möglichkeiten für uns als spirituell Suchende, andererseits mit der grossen Kehrseite der Verführung. Eindrücklich wurde die Einflussnahme der Tech-Firmen angesprochen: In der ersten Welle war es wichtig, Nutzerinnen und Nutzer möglichst lange in der App zu halten und sie fortwährend wischen und scrollen zu lassen. Dies bietet die Möglichkeit, ihnen möglichst viele Kaufanreize zu setzen. In der zweiten Welle wird heute der Nutzer, nachdem er lange genug dabei ist und nicht mehr so richtig davon wegkommt, mit emotional aufheizenden Themen konfrontiert – meist mit schlechten Nachrichten, Geschichten etc., denn diese wirken auf unser emotionales System am stärksten. Das macht etwas mit uns: Es führt zu Veränderungen im Denken, Entscheiden und Handeln. Genau dieser Punkt macht die geistige Autonomie so wichtig.
Mehr davon dann morgen im Teisho am Vormittag. Wir gehen ins Zendo und beenden den Abend mit zwei Sitzeinheiten.
Teisho
Guten Morgen zusammen.
Schauen wir uns heute Einzelheiten und Vertieftes aus der Zen-Konferenz an. Ich habe nicht den Anspruch fair zu berichten, also die vielen Referenten und ihre Botschaft ausgewogen wiederzugeben. Nein, ich möchte vielmehr die Themen bringen, mit denen ich in Resonanz bin. Und das ist naturgegeben persönlich und weniger objektiv. Was ging in Resonanz beim Zuhören der Vorträge?
Zwei Grundprinzipien des Zen
Einigkeit bestand darin, worin das minimal Ausschlaggebende im Zen besteht. Es sind diese beiden Grundprinzipien (Axiome):
- Alles befindet sich in ständiger Veränderung.
- Alles befindet sich in ständiger, wechselseitiger Beeinflussung.
Daraus lässt sich schliessen, dass alle Erscheinungen – einschliesslich aller Lebewesen – über keine eigenständige Substanz verfügen, mithin substanzlos sind und damit – in der Zen-Sprache – leer.
Wir haben dies oft gehört – auch ich in meiner langen Zen-Vergangenheit –, und dennoch scheinen mir diese beiden Prinzipien wertvoller denn je zu sein. Als Fastenkursleiter habe ich die Funktionen des Körpers, seine vielen Abhängigkeiten und Regelmechanismen studiert und bin immer wieder erstaunt, wie sich diese beiden Gesetze in den Körperfunktionen widerspiegeln. Ein Beispiel ist die Erneuerung der Zellen im Körper. Folgendes wissen wir:
- Die Oberfläche des Dünndarms erneuert sich innerhalb von 2 bis 3 Tagen vollständig.
- Die Leber benötigt zur vollständigen Erneuerung rund 3 Jahre.
- Entfernt man 50 % der Leber im Rahmen einer Transplantation, wächst die verbleibende Leber vollständig nach – und zugleich kann die Transplantation gelingen.
- Unser Skelett erneuert sich pro Jahr um etwa 10 %; damit haben wir nach rund 10 Jahren ein runderneuertes Skelett.
Ja, und für die wechselseitige Beeinflussung finden wir im Körper unendlich viele Beispiele. So hängt unser Mikrobiom im Darm – also die Besiedelung des Darms mit Bakterien – von unserer Ernährung ab, und unser Immunsystem wird wesentlich vom Mikrobiom beeinflusst. Das reicht bis hin zu unseren Stimmungslagen. Selbst unsere Stimmungen nehmen Einfluss auf den Körper.
Passende Antworten geben
Wir sind täglich gefordert, Entscheidungen zu treffen und den ständig neuen Herausforderungen unseres Lebens zu antworten – erst in Gedanken, dann in Entscheidungen oder Strategien und letztlich im Handeln. Lediglich das Handeln findet immer in der Gegenwart statt. Das Andere pendelt jedoch von der Vergangenheit in die Gegenwart und hin zur Zukunft – beeinflusst durch unsere Erfahrungen und Identifikationen. Je nach Grad unserer Anhaftungen am Gewollten und am Vermeiden treffen wir unsere Entscheidungen.
Ein Handeln aus dem Augenblick heraus – ohne Vorbereitung und ohne Absicht, je neu, frisch, lebendig – mündet darin, dem Leben stets die passende Antwort zu geben. Die passende Antwort resultiert aus einem Geist, der das Ganze im Blick hat. Eine Antwort, die alle berücksichtigt und passend ist, kann nicht durch unsere Gedanken hervorgebracht werden.
Reines Gewahrsein und das Leben im Körper spüren
Etwas überrascht war ich, dass drei Referenten das Spüren im Körper betonten. In unserer Tradition gibt es kaum oder nur wenig Hinweise, in den Körper hineinzuspüren. Die Japanischen Zen-Mönche haben eine lange Tradition sich im Hara (Bauch) zu verankern. Nur wenige westliche Zen-Lehrende haben dies mitgebracht. Gelernt haben wir Shikantaza und die Via Direttissima im Zen, also den direktesten Weg zu suchen, ohne Abschweifungen und Ablenkungen.
Die Praxis des Zen in dieser Form ist anspruchsvoll und wohl auch nicht für jeden so geeignet. Niederschwellige Angebote für neue Interessenten sind zu überlegen, zu bewerten und insbesondere ist darauf zu achten, dass es nicht zu einer Verwässerung der Zen-Lehre kommt.
Was wurde während der Konferenz angeboten? Nicole Baden Baden Roshi, sie ist eine Nachfolgerin von Baker Roshi aus den USA und Baker ist Nachfolger von Suzuki Roshi, also Nicole Baden hat uns eine Übung mit dem Spüren einer Hand nahe gebracht. Ich möchte diese Übung mit euch heute machen und wir können kurz schauen, wie wir sie erlebt haben.
Spüren meiner Hand
Phase 1 – „Konzept-Hand“
Anweisung: „Stell dir deine Hand vor und zeichne sie.“
Phase 2 – „Spür-Hand“
Haltung: Zazen-Haltung, Hände in der Mudra. Augen halb offen.
„Lass die Vorstellung los. Spüre nur: Gewicht, Wärme, Puls, Mikro-Vibrationen, Kontakt der Daumenspitzen, Luft an der Haut.“
„Spüre von innen statt auf die Hand zu schauen.“
„Nichts analysieren. Wenn Gedanken kommen: auch das – und zurück zum rohen Spüren.“
Dann: „Zeichne die Hand so, wie sie jetzt gespürt wird.“
Phase 3 – „Leere in/als Hand“ (Form = Leere)
Anweisung:
„Spüre den Zwischenraum: die Weite zwischen den Daumenspitzen, um die Hand, durch die Hand (die Porosität von Haut/Gewebe).“
„Lass die Grenze von ‚Hand‘/‚Nicht-Hand‘ weich werden. Form (Druck, Wärme) und Formlosigkeit/Weite erscheinen gleichzeitig.“
„Nichts festhalten. Nur merken, dass es sich öffnet.“
Dann: „Zeichne ein drittes Bild: Wie sieht die Hand aus, wenn Leere/Weite spürbar ist?“
Dōgens Fukanzazengi betont Körperhaltung, Atem, leibliches Ausrichten – Shikantaza ist verkörperte Wachheit, nicht kognitives „Wegdenken“.
Das kurze, nicht-besitzergreifende Spüren bleibt diesem Geist treu.
Würde und Selbstachtung
Kommen wir jetzt zu diesen beiden Themen. Ich knüpfe noch einmal an das Gesagte von gestern an: die hartnäckige Beeinflussung unseres Denkens und unserer Emotionen durch Social Media, Nachrichten im Allgemeinen und die vielen Blogs. Bei Nachrichten und Blogs gibt es gewiss guten bis sehr guten Journalismus. Eines scheint mir jedoch vorrangig: Schlechte Nachrichten lassen sich besser verkaufen als harmlose, wenig aufregende, gute Themen. Dafür gibt es auch einen Begriff: «Doomscrolling» (auch «Doom-Surfing»).
Damit ist das endlose Weiterscrollen durch schlechte Nachrichten in Social-Media- und News-Feeds gemeint – obwohl es die eigene Stimmung spürbar verschlechtert.
Kontrolle der Tech-Konzerne:
«Halten»: Maximierung der Verweildauer in der AppViele Plattformen optimieren die dargebotenen Inhalte primär auf: Anzahl Klicks, Anzahl Likes, Kommentare, Verweilzeit. Das führt systematisch dazu, Inhalte zu bevorzugen, die lange fesseln. Aktuelle Forschung zeigt, dass diese Kennzahlen die Auswahl prägen – teils zulasten echter Zufriedenheit.
«Bewegen»: Steuerung von Emotionen
Wenn Algorithmen auf «Engagement» optimieren, verstärken sie häufig emotional aufgeladene Inhalte (hohe Erregung führt zu mehr Reaktionen). Jüngere Studien finden ausdrücklich, dass Ranking-Systeme emotionalere Beiträge überproportional verstärken.
Whistleblower-Dokumente und externe Analysen legen nahe, dass engagementgetriebene Auswahl Wut und Empörung belohnt und riskante Inhalte nach oben spült.
Im Internet findet ihr zahlreiche Studien, Belege und Vertiefungen dazu – unter anderem bei Angela Geissler, die sich intensiv mit Digitalisierung befasst. Für das Teisho soll dies als Denkanstoss genügen.
Geistige Autonomie
Das oben Genannte legt nahe: Wenn wir nicht aufpassen und nicht bewusst erleben, was vor sich geht, verlieren wir Autonomie und werden fremdgesteuert. Bei geistiger Autonomie geht es darum, Handlungs- und Urteilsfähigkeit aus einem nicht-anhaftenden, klaren Geist zu leben – nicht gelenkt durch Reizschlaufen, Gewohnheiten oder Angst.
Es gibt die sogenannte «Selbstbestimmungstheorie» von Edward Deci und Richard Ryan. Sie besagt:
- Menschen gedeihen, wenn Autonomie, Kompetenz und Verbundenheit genährt sind.
Wie geht Autonomie verloren?
1) Zugriff auf unsere Aufmerksamkeit: Auslösereize & Belohnung
- Apps zeigen kleine Reize: rote Punkte, neue Meldungen, Klänge.
- Tippen wir darauf, gibt es sofort eine „Belohnung“: etwas Neues, ein Like, eine Nachricht.
- Beispiel: Du siehst eine rote Zahl auf dem Handy und willst sie „wegmachen“.
2) Gefühls-Aufschaukelung: Negatives zieht stärker
- Schlimme oder empörende Meldungen fallen uns mehr auf als neutrale.
- Dadurch klicken wir eher auf düstere Nachrichten und bleiben länger dran.
- Beispiel: Überschriften mit Angst/Wut halten dich länger im Feed als ruhige Infos.
3) Denk-Engpass: Von Urteil zu Reflex
- Wenn Reize schnell hintereinander kommen, bleibt wenig Raum zum Überlegen.
- Wir reagieren automatisch, statt bewusst zu wählen.
- Beispiel: Ohne nachzudenken öffnest du den nächsten Clip – „nur noch einer“.
4) Gewohnheit bildet sich: Automatisches Greifen, weniger Freiheit
- Wiederholung macht das Verhalten fest: Hand ans Handy, scrollen, wiederholen.
- Je automatischer es wird, desto kleiner wird die eigene Wahlfreiheit.
- Beispiel: Du greifst zum Handy, ohne zu wissen, warum – es passiert einfach.
Kleine Gegenmittel
- Eine Pause vor dem Tippen: drei Atemzüge.
- Frage: „Ist das wichtig? Ist das jetzt dran?“
- Benachrichtigungen aus; Handy ausser Sicht, wenn du arbeitest.
- Feste Zeiten fürs Lesen/Schauen statt zwischendurch.
- „Ich nehme mir vor, keine Inhalte zu teilen, die ich nicht ganz gelesen habe.“
- „Ich nehme mir vor, kein Weiterleiten innerhalb von 60 min nach dem Empfang.“
- „Ich nehme mir vor, vor jedem Posting einmal zu atmen und zu prüfen: Ist dies hilfreich oder heize ich damit die Stimmung an?“
Unterschied Würde und Selbstachtung
Würde: Unverlierbare, gemeinsame Grundwürde aller Wesen (Buddha‑Natur/So‑Sein). Sie ist gegeben, nicht verdient. Man kann sie verletzen, aber nicht „verlieren“.
Selbstachtung: Meine innere Haltung mir selbst gegenüber (Respekt, Grenzen, realistische Güte). Sie ist lern‑ und schwankbar und kann durch Erfahrungen gestärkt oder geschwächt werden.
Wo wird Würde heute oft verletzt?
Auf der Konferenz sprach Thomas Metzinger unseren Umgang mit den sogenannten Nutztieren an. Eine Kuh hat normalerweise eine Lebenserwartung von 10 Jahren, unsere normale Milchkuh nur 4 Jahre. Sie ist dauer-schwanger, ihr Leben land. Die Euter häufig entzündet vom vielen Melken. Der hintere Körperteil oft stark degeneriert. Und abschliessend werden ihre Hörner entfernt.
Ein zweites schockierendes Beispiel für Würdelosigkeit ist die Inszenierung eines Franzosen, der sich freiwillig tagelang von Partner demütigen und erniedrigen liess. Diese Demütigungen wurden live übertragen und die Videos zogen Unmengen an sogenannten Followern an. Motivation: Umsatz und Geld verdienen.
Und jetzt mehr subtile, kaum noch bemerkbare Beispiel aus unserem Alltagsleben:
- Arbeit & OrganisationReduktion auf Kennzahlen: Mensch wird zur Ressource oder zu einer Nummer.Mikromanagement & Dauer‑Erreichbarkeit: Misstrauen statt Augenhöhe.Überfahren: Unterbrechen, Redezeit monopolisieren, keine Wahl lassen.Undurchsichtige Entscheidungen: Betroffene ohne Stimme/Begründung.
- Alltagssprache und UmgangÜber Menschen sprechen statt mit ihnen (Patientin, Klientin).Entblößende Prozeduren ohne Erklärung/Einwilligung.„Administratives Demütigen“: unnötige Hürden, Wartezeiten ohne Information.
- Selbstbezug - oft unbewusstabwertende Selbstgespräche („Ich bin unfähig“ statt „Ich habe einen Fehler gemacht“).Körper ignorieren: kein Essen/Schlaf/PAUSE „weil Leistung im Vordergrund steht“.Druck durch Vergleichen mit anderen (unbedingt aufgeben!)
Selbstoptimierung: nur noch Mittel zum Zweck sein.
Es wird sicher weitere Ebenen geben, wo unsere Würde verletzt wird. Welche Beispiele fallen dir ein?
Schlusswort
Würde ist nicht verliehen, sie ist immer schon da.
Selbstachtung ist unsere Art, dieser Würde zu antworten: nüchtern, freundlich, mit klaren Grenzen.
Selbstachtung ist unsere Art, dieser Würde zu antworten: nüchtern, freundlich, mit klaren Grenzen.
Geistige Autonomie heisst: Wir lassen uns nicht forttragen vom Strom der Reize, sondern hören, was der Augenblick verlangt.
Dies ist kein Rückzug, sondern Übung in Freiheit: eine Pause vor dem Klicken, ein Atemzug vor dem Wort, ein Schritt zurück vor der Antwort. So entsteht die passende Antwort – nicht aus Hast, sondern aus Gelassenheit.
Die kleine Übung mit der Hand erinnert uns daran: Es gibt drei Arten von Bildern, mit denen unser Gehirn arbeitet. Das erste ist unser Konzept, unsere Abstraktion; das zweite ist das Spüren; das dritte ist die Weite.
Ebenso im Alltag: wahrnehmen, wo wir in Konzepten verhaftet sind; auf Körpersignale achten – im Körper spüren – und zur rechten Zeit mit dem Gefühl „das passt jetzt“ antworten.
Der nächste Schritt: mit wachem Geist, leichtem Gepäck und der Würde jedes Wesens im Blick.
Klaus-Peter Seizen Wichmann. 02.10.2025 - www.parami.ch - kp-wichmann@parami.ch